Die IT ist längst kein abgeschotteter Technikbereich mehr – sie ist das Rückgrat moderner Unternehmen. Ob Kundenerlebnis, Lieferkette, Produktentwicklung oder Datenanalyse: Ohne leistungsfähige und strategisch ausgerichtete IT funktioniert heute kaum ein Geschäftsmodell. In der Praxis zeigt sich jedoch häufig ein anderes Bild: IT wird als operative Funktion verstanden, Projekte werden punktuell initiiert, die strategische Steuerung bleibt aus – mit gravierenden Folgen für Effizienz, Sicherheit und Innovationskraft.
Hinzu kommen aktuelle Herausforderungen: Unternehmen sehen sich steigenden Anforderungen an Cybersicherheit ausgesetzt, müssen mit immer kürzeren Innovationszyklen Schritt halten und auf sich wandelnde Kundenerwartungen reagieren. Gleichzeitig entstehen durch Künstliche Intelligenz, Cloud-Technologien oder Automatisierung völlig neue Chancen – vorausgesetzt, sie werden von der Unternehmensspitze erkannt und aktiv genutzt.
Ziel dieses Artikels ist es, ein praxisnahes Verständnis dafür zu schaffen, warum IT untrennbar mit erfolgreicher Unternehmensführung verbunden ist. Es geht darum, zu zeigen, wie digitale Verantwortung in der Chefetage verankert werden kann – und werden sollte –, um nachhaltige und zukunftsgerichtete Entscheidungen zu ermöglichen.
IT als strategischer Erfolgsfaktor
In vielen Unternehmen wird IT noch immer primär als Dienstleister gesehen – zuständig für funktionierende Infrastruktur, Systemverfügbarkeit und technischen Support. Diese Perspektive greift heute zu kurz. Moderne IT ist kein reiner Kostenfaktor mehr, sondern ein entscheidender Enabler: Sie schafft die Grundlage für neue Geschäftsmodelle, automatisierte Prozesse, datenbasierte Entscheidungen und eine agile Organisation.
IT kann maßgeblich zur Innovationskraft beitragen – etwa durch den Einsatz von KI, datengetriebener Produktentwicklung oder digitalen Kundenerlebnissen. Gleichzeitig ermöglicht sie Effizienzgewinne, z. B. durch automatisierte Workflows, skalierbare Cloud-Lösungen oder eine flexible Systemarchitektur. Unternehmen, die IT aktiv und strategisch nutzen, sichern sich Wettbewerbsvorteile, weil sie schneller auf Marktveränderungen reagieren, Kosten senken und neue Potenziale erschließen können.
Damit das gelingt, muss IT jedoch fest in die Geschäftsstrategie integriert sein. Es reicht nicht, technische Projekte zu genehmigen – die Unternehmensführung muss verstehen, welche Hebel die IT bietet, und diese gezielt mit den eigenen Zielen verknüpfen. Nur so wird aus einer unterstützenden Funktion ein echter strategischer Motor.
Risiken bei fehlender IT-Führung auf Top-Management-Ebene
Wenn IT nicht als Führungsaufgabe verstanden wird, entstehen Lücken – nicht nur auf technischer, sondern vor allem auf strategischer Ebene. In der Praxis zeigt sich das durch eine Vielzahl konkreter Risiken, die nicht selten erst dann sichtbar werden, wenn es bereits zu spät ist.
Fehlende Investitionen und Priorisierung
Ohne aktives Interesse und Steuerung durch das Top-Management fehlt es häufig an Klarheit über den tatsächlichen Stellenwert der IT. Budgets werden als Kostenblock gesehen, nicht als Investition in die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens. Strategische IT-Projekte – wie etwa die Einführung cloudbasierter Plattformen, die Ablösung veralteter Systeme oder der Aufbau datengetriebener Services – werden zugunsten kurzfristiger Ziele verschoben oder gar nicht erst angestoßen. Die Folge: technische Schulden häufen sich, Systeme veralten und die Organisation verliert ihre Handlungsfähigkeit im digitalen Wettbewerb.
Sicherheitslücken, Innovationsstau, operative Risiken
Fehlt die Verankerung der IT auf C-Level, entstehen Sicherheitslücken – nicht selten durch eine fragmentierte Infrastruktur, fehlende Governance oder unzureichende Awareness auf Führungsebene. Cybersecurity wird zum „IT-Problem“ erklärt, statt als unternehmensweites Risiko erkannt zu werden. Gleichzeitig bleiben Innovationen aus: Neue Technologien werden zu spät erkannt oder nicht konsequent umgesetzt, weil strategische Leitlinien fehlen. Auch operative Risiken nehmen zu – etwa durch unzureichend getestete Systeme, fehlende Schnittstellen oder nicht abgestimmte IT-Architekturen.
Disconnect zwischen IT und Business-Zielen
Einer der größten, oft unterschätzten Effekte: Wenn IT und Geschäftsführung getrennt agieren, entsteht ein strategischer Disconnect. Die IT entwickelt Lösungen, die nicht zu den eigentlichen Geschäftszielen passen, während die Fachbereiche Anforderungen stellen, die technologisch nicht durchdacht sind. Projekte scheitern, weil die Zielrichtung fehlt – und weil niemand die Verantwortung dafür übernimmt, beide Welten zu verbinden. Der notwendige Schulterschluss zwischen Technologie und Geschäft bleibt aus – und mit ihm die Chance, digitale Vorhaben erfolgreich umzusetzen.
Beispiele aus der Praxis:
Was erfolgreiche (und weniger erfolgreiche) Unternehmen trennt
Erfolgsbeispiel: Porsche – IT als Innovationstreiber
Negativbeispiel: British Airways – IT-Ausfall mit Millionenfolgen
Lessons Learned
Rolle der Geschäftsführung im digitalen Wandel
Der CIO als Sparringspartner auf Augenhöhe
Der Chief Information Officer (CIO) ist mehr als ein technischer Leiter – er ist der zentrale Sparringspartner für die Geschäftsführung, wenn es um digitale Strategien, Plattformarchitekturen, Systemlandschaften und Innovationspotenziale geht. In fortschrittlichen Unternehmen sitzt der CIO mit am Tisch, wenn über Geschäftsmodelle, Investitionen und Kundenerlebnisse gesprochen wird. Die erfolgreichsten CIOs verstehen sowohl Technik als auch Business – und verbinden beides in ihrer Rolle als Brücke zwischen Technologie und Unternehmenszielen.
Doch das funktioniert nur, wenn der CIO auch den nötigen Rückhalt hat: eine klare Position auf C-Level, ein Budget mit strategischem Spielraum und Zugang zur obersten Führungsebene.
CDO, CTO – wer macht was?
Mit der wachsenden Komplexität digitaler Themen haben sich auch die Rollen im C-Level erweitert. Häufig ergänzt der Chief Digital Officer (CDO) die Geschäftsführung als Verantwortlicher für digitale Geschäftsmodelle, Plattformstrategien und datengetriebene Innovationen. Der Chief Technology Officer (CTO) wiederum fokussiert sich oft stärker auf Technologiearchitektur, Systemintegration und technologische Exzellenz.
Wichtig ist: Es braucht kein Rollenchaos, sondern klare Zuständigkeiten und ein abgestimmtes Zusammenspiel. Ob CIO, CTO oder CDO – alle diese Rollen können erfolgreich agieren, wenn sie strategisch eingebunden und nicht als reine Ausführungsinstanzen behandelt werden.
Digitalkompetenz im Vorstand ist kein „Nice-to-have“
Ein zentrales Missverständnis: Dass Digitalisierung vollständig an Fachverantwortliche delegiert werden kann. Die Realität ist eine andere: Die Geschäftsleitung muss selbst über ein grundlegendes digitales Verständnis verfügen – um Risiken richtig einschätzen, Chancen erkennen und IT-Projekte gezielt priorisieren zu können. Es geht nicht darum, Programmieren zu können, sondern Zusammenhänge zu verstehen und digitale Entwicklungen aktiv in Entscheidungen einzubeziehen.
Studien zeigen: Unternehmen mit digitalaffinen Vorständen investieren gezielter, transformieren erfolgreicher und sind innovationsstärker. Digitalkompetenz im Top-Management ist deshalb keine Zusatzqualifikation mehr, sondern eine Führungsanforderung.

Empfehlungen für Unternehmen:
So wird IT zur echten Chefsache
1. IT-Strategie zur Chefsache machen
2. Digitale Kompetenz im Führungskreis gezielt aufbauen
3. IT systematisch in Entscheidungsprozesse integrieren
4. Governance-Strukturen hinterfragen und modernisieren
Fazit: IT gehört in die Führungsetage – ohne Ausnahmen
Die zentrale Botschaft dieses Artikels ist klar: IT ist längst kein nachgelagertes Technologiethema mehr – sie ist geschäftskritisch und strategisch. Unternehmen, die IT weiterhin auf die Rolle eines reinen Dienstleisters reduzieren, setzen ihre Innovationskraft, Sicherheit und Wettbewerbsfähigkeit aufs Spiel.
Die wichtigsten Punkte im Überblick:
- IT ist ein Enabler für neue Geschäftsmodelle, Effizienz und Kundenmehrwert – kein reiner Support.
- Ohne klare Verantwortung im Top-Management drohen Investitionsstau, Sicherheitsrisiken und strategische Fehlentscheidungen.
- Erfolgreiche Unternehmen binden CIOs, CTOs und CDOs frühzeitig in strategische Prozesse ein – auf Augenhöhe mit anderen C-Level-Funktionen
- Digitalkompetenz im Vorstand ist ein Muss, keine Option – nicht jeder muss Technikexpert:in sein, aber jeder muss digitale Entscheidungen verstehen und mittragen können.
Handlungsappell an Führungskräfte
Die Verantwortung liegt nicht bei der IT – sie liegt bei der Geschäftsführung. Wer heute unternehmerisch führen will, muss auch digital führen. Das bedeutet: strategisch denken, in Technologie investieren, Strukturen schaffen, die Wandel ermöglichen – und mutig vorangehen.
Digitale Transformation beginnt nicht mit einem Tool – sie beginnt mit einer Haltung.
Literaturverzeichnis
- Bitkom e. V. (2023): Digital Office Index 2023 – Digitalisierung der Geschäftsprozesse in deutschen Unternehmen. Berlin.
- Accenture (2023): Technology Vision – Total Enterprise Reinvention. Globale Studie zu digitalen Trends.
- Capgemini (2022): Digital Mastery Report – Wie Unternehmen digitale Exzellenz erreichen. Capgemini Invent, Paris.
- Gartner (2023): CEO Priorities 2023 – Accelerating Digital Business. Executive Insights Report. Stamford, CT.
- Bundesverband Deutscher Unternehmensberatungen (BDU) (2022): Digitalisierung im Mittelstand – Status quo, Herausforderungen, Potenziale. Bonn.
- Handelsblatt (2017): IT-Panne bei British Airways legt Flugbetrieb lahm – Ursachenanalyse und Folgen. Artikel vom 29. Mai 2017.
- Porsche AG (2021): Digitalstrategie und Innovationsmanagement bei Porsche – Der Weg zur digitalen Marke. Unternehmenspräsentation.
- McKinsey & Company (2021): The CIO’s Moment – Leadership through the Digital Crisis. McKinsey Digital Insights.
- Weill, P. & Woerner, S. (2020): Why Every CEO Should Care About Tech Strategy. In: Harvard Business Review, Vol. 98, No. 5, S. 60–68. Boston: Harvard Business Publishing.